Monika Röder: Der Kleine Seelenretter

Psychologie meets Neurobiologie!

Wer die bisherigen Bücher von Monika Röder – den kleinen Eheretter und den kleinen Sexretter – kennt, der weiß um ihren Ansatz der Integration der Erkenntnisse der Neurobiologe in der Paarberatung und -therapie.

In ihrem neuen Buch – dem kleinen Seelenretter – legt sie nun den Fokus auf die individuelle Selbstregulation. Aus ihrer Sicht ist dies ein Kernthema jeder psychologischen, pädagogischen, therapeutischen Richtung.

In auch für Laien verständlichen Erklärungen und kleinen Schritten nimmt sie die LerserInnen mit in die Welt des vegetativen Nervensystems und dessen Einfluss auf den ganzheitlichen Menschen mit Körper, Geist und Emotionen.

Schon in der Einführung (Kapitel 1) wird deutlich, warum die Neurobiologie im Erlernen, Verändern und Verstehen unseres je nach Situation unterschiedlichen Verhaltens so wichtig ist.

In Kapitel 2 nähern wir uns dem Begriff der Selbstregulation an, den die Autorin wie folgt definiert: „Selbstregulation ist die Fähigkeit, beruhigend, tröstend oder aktivierend auf sich selbst, den Körper, die Gedanken und Gefühle einwirken zu können, um sich zu beruhigen oder zu einer gewünschten Handlung zu mobilisieren und damit den angestrebten inneren Frieden wieder zu finden.“ (S. 17) Deren Wichtigkeit wir immer wieder betont: „Die Fähigkeit zur Selbstregulation ist der Schlüssel zu Gesundheit, Erfolg und gelingenden Beziehungen.“ (S. 17)

In Kapitel 3 geht es um Lernen, gelernte Erfahrungen und Prägungen. Monika Röder zeigt darin auf, „wie unsere gespeicherten Erfahrungen … mit wichtigen Bindungspersonen in neuronalen Netzwerken gespeichert sind… und vom vegetativen Nervensystem als Referenz für Annäherung/ Öffnung  oder Vermeidung/ Rückzug  unterhalb der Bewusstseinsschwelle genommen wird.“ (S. 40). Daneben macht sie deutlich, wie korrigierende Erfahrungen, Zeit und Wiederholungen im Gehirn neue hilfreichere Netzwerke bilden und die zugrunde liegenden Erfahrungen im Gehirn sich verändern und ergänzen lassen (S. 40).

Kapitel 4 ist das Herzstück des Buches. Darin wird das vegetative Nervensystem mit den Funktionen von Sympathikus und Parasympathikus, der nach der Polyvagaltheorie von Stephen Porges einen dorsalen und ventralen Teil hat, ausführlich erklärt.

Wie der Körper dabei mit seinen Reaktionen „Sprachrohr für die Seele“ ist und was die unterschiedlichen Modi bei Gefahr oder Sicherheit ausdrücken und bewirken, ist sehr aufschlussreich. Deutlich wird, wie die drei Modi – Kontaktsystem, Mobilisierung und Immobilisierung – mehr oder weniger ausgeprägt in alltäglichen Lebenslagen ineinandergreifen, die Reaktionen unreflektiert im Autopilot ablaufen und schnell in die Eskalation entgleiten können.

Kapitel 5 schließlich befasst sich mit den Selbstregulationsmöglichkeiten. Die Autorin zeigt nachvollziehbar auf, wie im Prozess von Reiz und Reaktion die Fähigkeit zur Selbstregulation entwickelt werden kann: die Triggerpunkte erkennen, Innehalten, den Autopiloten ausschalten, sich beruhigen und dann in gutem Kontaktmodus mit sich und dem Gegenüber handlungsfähig sein.

Es werden zahlreiche Werkzeuge vorgestellt, wie wir am Körper (Spüren), dem Geist (Gedanken) und der Seele (Gefühle) ansetzen und wie wir deren Wechselwirkung klug nutzen können.

Der Aufbau des Buches ist klar strukturiert, am Ende jedes Kapitels oder von wichtigen Abschnitten wird das Wissenswerte in Kürze nochmal wiederholt und direkt einladende Anregungen für die Umsetzung gegeben. Gut nachvollziehbare Beispiele von Erfahrungen aus der Praxis sowie Illustrationen – die für meine Begriffe leider etwas klein geraten sind (einziger Kritikpunkt) – runden die Ausführungen ab.

Ein für Laien, die ihre Reaktionen besser verstehen und ihre Selbstregulation verbessern wollen, sowie für Professionelle, die die Neurobiologie in ihre therapeutische Arbeit mit einfließen lassen wollen, sehr empfehlenswertes und lohnendes Buch, denn ich schließe mich der Meinung der Autorin an:

„Ein Schlüssel zur Veränderung ist die Übernahem der Verantwortung für den eigenen Stress und die eigene Fähigkeit zur Selbstregulation.“ (S. 13)